Benutzungsordnungen und sonstige Regelwerke in Bibliotheken sollten sowohl rechtssicher als auch praxisnah sein. Diesem Spannungsfeld und den Gestaltungsmöglichkeiten im öffentlich-rechtlichen Bereich widmet sich der folgende Beitrag. Um das Spektrum der Möglichkeiten zu lokalisieren, stellt er das Zusammenspiel der verschiedenen rechtlichen Vorgaben und Kriterien dar. Daneben wird besprochen, wie rechtliche Fehler vermieden werden können. Damit das geplante Regelwerk nicht zum Selbstzweck wird, ist ebenso eine sachgerechte Einbindung in die Praxis erforderlich.
User regulations and other sets of rules in libraries should be both legally secure and practice-oriented. The following article is dedicated to this area of tension and the scope for design in the area of public law. In order to localise the spectrum of possibilities, the article presents the interplay of the various legal requirements and criteria. In addition, it discusses how legal mistakes can be avoided. In order to ensure that the planned regulations do not become an end in themselves, they must also be properly integrated into practice.
Gute Regelungen in einer Institution sind für reibungslose betriebliche Abläufe essentiell. Obwohl das Verfertigen eines Regelwerks keineswegs trivial ist, weil es sowohl organisatorisches Feingefühl als auch juristisches Grundlagenwissen erfordert, wird diese Aufgabe im Bibliotheksalltag häufig unterschätzt. Der folgende Beitrag gibt ein paar Leitlinien an die Hand. Er wendet sich in erster Linie an das Bibliothekspersonal, das mit dem Entwerfen, der Verabschiedung und der Überprüfung von Benutzerordnungen betraut ist.
Regelwerke dienen der Vereinheitlichung und Rationalisierung von Handlungen. Das im Alltag von Bibliotheken am häufigsten gebräuchliche Regelwerk ist die Benutzungsordnung. Daneben kann es weitere Regelwerke wie eine eigene Hausordnung, Schliessfachordnung oder auch eine Leihverkehrsordnung zur Lenkung des zwischenbibliothekarischen Medienaustausches geben.
Ein Regelwerk hat mehrere Aufgaben. So dient es der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz, in dem Benutzer1 und Bibliotheksmitarbeiter eine fixierte Beziehungsgrundlage erhalten. Ihr kommt auch eine Befriedungsfunktion zu, da die Rechte und Pflichten der Betroffenen von vornherein bekannt sind. Durch die Ordnungs- bzw. Ausgleichsfunktion werden die unterschiedlichen Interessen zum Ausgleich gebracht. Schließlich hat eine Benutzungsordnung auch eine Optimierungsfunktion. Denn die generellen Regelungen sind arbeitseffizienter als ein Bündel von einzelnen Vereinbarungen. (Juraschko, 2020, 3.1)
Regelwerke, zum Beispiel eine Benutzungsordnung, sind auch ein Spiegel der Bibliothek insbesondere im Kontakt zu Benutzern. Sie zeigen, welche Bereiche in der Bibliothek vorhanden sind, welche Möglichkeiten die Benutzer haben, wo welche Grenzen gesetzt sind, genauso wie der Umgang der Bibliothek mit ihren Benutzern beziehungsweise rechtlichen Vorgaben ist. Beispielfragen: Entspricht die Benutzungsordnung dem aktuellen rechtlichen Stand und den aktuellen Abläufen in der Bibliothek oder ist sie veraltet? Welche Dienstleistungen werden angeboten? Werden mögliche Gestaltungsspielräume genutzt? Wenn ja, in welche Richtung? Gibt es Unklarheiten oder gar Widersprüche? Wie sind Gebote und Verbote formuliert?
Bibliotheken sind Dienstleister und zählen im Falle einer verwaltungsrechtlichen Organisation zur Leistungsverwaltung. Damit besteht ein grösserer Spielraum bei der Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse als bei der Eingriffsverwaltung. Bibliothekarische Regelwerke haben im Öffentlichen Recht häufig die Rechtsform einer Satzung. Ist die Einrichtung hingegen privatrechtlicher Natur, so handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen.
Zu Beginn eines jeden Regelwerks als auch jeder Regelung steht die Frage, ob diese überhaupt erforderlich ist. Daher ist zwischen einem regelungsbedürftigen Sachverhalt und einem solchen mit Nichthandeln als vertretbarer Option zu unterscheiden. Die Nichtregelung eines Sachverhalts führt dazu, dass dem ansonsten betroffenen Adressatenkreis die eigene Entscheidungsmöglichkeit folgenlos erhalten bleibt. Daher ist bei der Planung einer Regelung eine zuverlässige Folgenabschätzung geboten. Gründe für eine Nichtregelung können der Verzicht auf eine Lenkung der Handlungen der Betroffenen wie auch die bereits gefestigte Überzeugung der Betroffenen sein, selbstständig im Sinne des vorgesehenen Ziels zu handeln. Beispiel: Verzicht auf eine definierte Leihfrist. Der Wunsch des Regelungsgebers, einen Umstand ausdrücklich nicht zu regeln, ist nur begrenzt möglich, soweit die jeweilige Einrichtung Schäden durch eine Nichtregelung im eigenen Wirkungskreis beherrschen kann. Bei der Frage, für welche Sachverhalte Regelungen zu finden sind, unterstützt der Gesetzgeber den Verfasser des Regelwerks. Denn er stellt zahlreiche Normen zum Beispiel zum Schadensersatzrecht zur Verfügung, auf die bei einem Fehlen von speziellen Regelungen zurückgegriffen werden kann. Die scheinbare Nichtregelung führt hier zu einer Anwendung von allgemeinen Gesetzen. Die Rechtsordnung sieht damit eine Subsidiarität von allgemeinen Regelungen, häufig aus dem Zivilrecht kommend, vor. Die Grundlage für diese Rückgriffmöglichkeit liegt in der hierarchischen Struktur des Rechts und dem Grundsatz, dass es keine rechtsfreien Räume gibt. (Kirchner, 1993, S. 52) Zu diesem Themenkomplex gehören auch Hinweise auf gesetzliche Regelungen, zum Beispiel solche des Urheberrechts. Der Verfasser einer Benutzungsordnung kann diese nicht gestalten, da es sich hierbei um Bundesgesetze handelt (Deutschland, Schweiz). Der Hinweis in der Benutzungsordnung ist jedoch ein für Benutzer und Verlage erkennbares Signal, dass in diesen Einrichtungen Vervielfältigungen nur urheberrechtskonform vorgenommen werden dürfen.
Im öffentlichen Recht wird der Handlungsspielraum der Verwaltung in der Ermächtigungsgrundlage festgelegt. Dabei wird zwischen gebundenen Entscheidungen und Ermessensentscheidungen unterschieden. Bei gebundenen Entscheidungen besteht kein Interpretationsspielraum. Erkennbar ist eine inhaltliche Vorgabe zu einer bestimmten Regelung beziehungsweise einem bestimmten Vorgehen durch Formulierungen wie „ist verpflichtet“, „ist“, „hat“ oder andere eindeutig formulierte Handlungsvorgaben. Im Gegenzug sind die Bibliotheken auch mit den zur Umsetzung erforderlichen Personal-, Sach-, und Finanzmitteln auszustatten, damit die Handlungspflicht erfüllt werden kann. Ein Handlungsspielraum wird für die Regelwerke durch Formulierungen wie „kann“ oder „steht im Ermessen“ angekündigt. Hier hat die Bibliothek weitere gesetzte Grenzen, zum Beispiel den Gleichbehandlungsgrundsatz, den Ermessensrahmen und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren, ist im Übrigen jedoch rechtlich frei zu entscheiden. Im Gegensatz zu Willkürakten ist die Entscheidung mit sachlichen und sachbezogenen Argumenten zu begründen. Dabei bezieht sich die Sachbezogenheit auf den konkreten Vorgang und erschöpft sich nicht in einer rein formelhaften Floskel.
Zwischen den gebundenen und den Ermessensentscheidungen steht die Gruppe der sogenannten Regelentscheidungen. Dabei handelt es sich um Ermessensentscheidungen, bei denen zentrale Argumente bereits inkludiert wurden. Bei diesen ist die Entscheidungsrichtung wie bei den gebundenen Entscheidungen regelmässig vorgezeichnet, es sei denn es gibt gewichtige Ausnahmegründe. Hier ist darauf zu achten, dass das Regel-Ausnahmeverhältnis beachtet und nicht etwa umgekehrt wird. Erkennbar sind die Grundlagen für solche Regelentscheidungen an Formulierungen wie „soll“. Treffen gebundene und Ermessensentscheidungen zusammen, so sind die gebundenen Handlungsfelder zu priorisieren. Ist eine andere Reihenfolge der Umsetzungen und Projekte zweckmässig, so bedarf die Abweichung von der Priorisierung der Pflichtaufgaben einer wirksamen Genehmigung durch die vorgesetzte Stelle. Weitere Grenzen, die den an sich gegebenen Handlungsspielraum faktisch einengen, sind vor allem die finanziellen Mittel.
Für eine künftig möglichst passgenaue Regelung eines Sachverhalts ist eine enge Anbindung an die Zielgruppe von Bedeutung. Die Ermittlung beziehungsweise Berücksichtigung der Interessen der Zielgruppe kann in verschiedener Art und Weise erfolgen. In Betracht kommen zum Beispiel Umfrageinstrumente, statistische Auswertungen des bisherigen Nutzerverhaltens, ferner Experteninterviews, regelmässige Beratung durch einen ausgewählten Benutzer. Statistische Verfahren, die Entwicklungen in der Vergangenheit auswerten, können hinsichtlich der Breitenwirkung relativ genau eine Aussage treffen. Dagegen sind Prognosen für die Zukunft nur bedingt möglich. Experteninterviews sind hingegen zur Informationsgewinnung geeignet, Vorstellungen und Absichten für die Zukunft zu erfassen. Hier fehlt häufig jedoch die Repräsentanz der Vorstellungen für die Mehrheit der Benutzer.
Eine andere Art der Evaluation bestehender oder zukünftiger Regelungen ist intensiver Kontakt zu Nutzern bis hin zu einer Mitsprachemöglichkeit. Die Mitsprache kann beispielsweise als Beirat mit beratender Stimme, als Anhörung bei grösseren Projekten oder als Ermöglichung einer Nutzersprechstunde ausgestaltet werden. Dem Gestaltungsinstrument der Mitsprache der Nutzer sind jedoch auch Grenzen gesetzt. Die erste Grenzziehung ergibt sich aus dem Umstand von Zielkonflikten. So verträgt sich die Nutzung des gleichen Raumes als Gruppenarbeitsraum nicht mit dem Wusch nach Stillarbeitsplätzen. Hier ist neben einer Entscheidung für eine Nutzungsart eine räumliche oder zeitliche Trennung beider Interessensgruppen möglich. Auch ein eindeutiges Votum der beratenden Stimme ist rechtlich nicht bindend. Die Entscheidung und die damit verbundene Verantwortung liegen auf Grund der gesetzlich übertragenen Zuständigkeit bei den dafür vorgesehenen Organen der Einrichtung. Gleichwohl erfordern gegenteilige Entscheidungen einen erhöhten Begründungsaufwand, um weiterhin glaubwürdig zu bleiben. Die Möglichkeiten eines gut begründeten Beratungsergebnisses können daher politisch sehr weitgehend sein, führen jedoch nicht zu einer regulären Mitbestimmung. Wegen der Frage nach dem Tragen der Verantwortlichkeit kennt das Verwaltungsrecht nur ausdrücklich vorgesehene Mitbestimmungselemente mit der entsprechenden Rechtsgrundlage. Zivilrechtlich sind zum Beispiel durch Schenkungen mit einer Zweckbindung Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnet. Dabei sind nur Zweckbestimmungen gültig, die den eigenen Kompetenzbereich regeln. Ein Beispiel hierfür wäre die geschlossene Aufstellung der gespendeten Literatur und angemessene Namensnennung des Spenders am Bücherregal. Dagegen wäre eine Verpflichtung der Bibliothek, den Spender als Bibliotheksmitarbeiter einzustellen, wegen des Verstosses gegen die Vorschriften zur Personalauswahl im öffentlichen Dienst unzulässig.
Während eine Folgenabschätzung in die Zukunft gerichtet ist, beschäftigt sich eine Evaluierung mit den Auswirkungen in der Gegenwart beziehungsweise der Betrachtung der Vergangenheit. Als Massstab für den Umfang einer Evaluierung als auch einer Folgenabschätzung können Parameter wie Umfang eines möglichen Schadens, benötigter Zeitraum für Änderungen (Gremienweg) et cetera herangezogen werden.
Evaluationen sind geeignet, um die Aktualität eines Themas für die Entscheidungsträger der Bibliothek zu begründen. Sie können unter Umständen auch eine Zielvorstellung beschreiben. Im Hinblick auf gesetzliche Vorgaben, vertragliche Bindungen und auch die Endlichkeit von finanziellen Mitteln können Ergebnisse aus Evaluationen jedoch nur Argumente für eine Änderung oder Abschaffung einer Regelung, nicht jedoch eine verbindliche Vorgabe sein. Eine einfache Form einer Evaluation ist die Erprobung mit anschliessender Messung des zeitlichen Aufwandes für die Serviceleistung. Eine solche Form bietet sich beispielsweise bei einem Angebot mit längeren, individuellen Beratungszeiten an. So kann ein zunächst zeitlich nicht limitiertes Angebot beschränkt werden, wenn es zu stark in Anspruch genommen wird.
Durch die Befristung von Regelungen bei gleichzeitiger Evaluation lässt sich deren Akzeptanz austesten. Dies gilt sowohl für einzelne Vorschriften als auch für ganze Regelwerke. Von dieser Möglichkeit sollte nur gemässigt Gebrauch gemacht werden, denn Befristungen bedeuten Planungsunsicherheit für die Betroffenen über den Gültigkeitszeitpunkt hinaus. Gleichzeitig setzt sich der Regelungsgeber unter Zeitdruck hinsichtlich der Regelungsbedürftigkeit oder der zumindest durch den unternommenen Test geweckten Erwartungen an eine Regelungsbedürftigkeit. Befristungen von Regelungen werden ferner vorgenommen, wenn die Massnahmen absehbar lediglich temporär erforderlich sind. Beispiel hierfür sind Regelungen zum Gesundheitsschutz wegen Covid-19.
Auch bei Regelwerken, deren Gültigkeit zeitlich nicht befristet ist, bietet sich eine regelmässige Revision an. Neben anlassbezogenen Überarbeitungen zum Beispiel wegen einer Änderung der Rechtslage, kommt bei den regelmässigen Revisionen die Frage der Passgenauigkeit des Regelwerks zum Tragen. So sind Regelungen über Medienarten, zum Beispiel DVDs, überflüssig, wenn diese Medien komplett ausgesondert wurden und keine Neuanschaffung geplant ist.
Auch die Entscheidung, welche Dienste in Eigenleistung und welche durch andere erbracht werden, haben Einfluss auf die Gestaltung der Nutzungsordnung. Denn durch die Vereinbarung mit einem Dienstanbieter werden Verpflichtungen eingegangen, die entsprechend umzusetzen sind. So bietet sich zum Beispiel eine Unterteilung in verschiedene Nutzungsgruppen an, wenn Dienstleistungen nur für Angehörige des Hauses erworben werden. Da Dienste beziehungsweise deren Anbieter in Bibliotheken einem Wechsel unterliegen, sollten allgemeine Bezeichnungen wie Datenbanken et cetera, und keine Produkt- oder Unternehmensnamen in der Benutzungsordnung verwendet werden. Gegebenenfalls kann auf die Besonderheiten des Produkts durch eine Verweisung Bezug genommen werden.
Grundlegend für ein Regelwerk ist die juristische Korrektheit. Ohne dieses Erfordernis erfüllt die konkrete Ausgestaltung nicht den vorgesehenen Zweck und ist als Quelle von Fehlvorstellungen sogar schädlich. Ein Beispiel hierfür ist die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Dieser Grundsatz ist in Deutschland in Art. 20 Abs. 3 GG und in der Schweiz in Art. 5 Abs. 1 Bundesverfassung niedergelegt. Danach dürfen niederrangige Regelungen im gleichen zuständigen Bereich höherrangigen nicht widersprechen. So besitzt die im Bibliothekswesen häufig verwendete Regelungsform der Satzung einen niedrigeren Rang als Gesetze oder Rechtsverordnungen. Dabei kann nur bedingt aus der Bezeichnung auf die tatsächliche Regelungsform geschlossen werden. Entscheidend ist die Form des Erlasses des Regelungswerks und nicht deren Bezeichnung. Legt beispielsweise ein Landesgesetz für kulturelle Einrichtungen ein Verwarnentgelt für die erste Stufe zwischen 1 bis 3 Euro pro Medium fest, so besteht ein Gestaltungsspielraum für die Regelung in der jeweiligen Bibliothek in der genannten Höhe. Unzulässig wäre hingegen ein Verwarnentgelt von 5 Euro pro Medium.
Nächster zentraler Punkt ist die Verständlichkeit. Diese ist zwar nachrangig gegenüber dem Punkt der juristischen Korrektheit, gleichwohl ist sie von zentraler Bedeutung. Regelungen, die nicht verständlich sind, werden schon aus diesem Grunde nicht beachtet. Beispielsweise erleichtern Texte ohne unnötige Fremdwörter und mit kurzen Sätzen das Verständnis. (Reiners, 2004) Ist der Bildungshorizont der Benutzer sehr unterschiedlich geprägt, stellt sich die Überlegung, ob eine Variante in ‚einfacher Sprache‘ erfolgen soll, um diese Teile des Publikums besser zu erreichen. Um Widersprüche zwischen den einzelnen Fassungen zu vermeiden, sollte eine klare Abstufung von der rechtsverbindlichen Fassung mit dem juristisch notwendigen Sprachgebrauch und zusätzlichen, vereinfachten Darstellungen in ‚einfacher Sprache‘, Piktogrammen, Bildergeschichten et cetera erfolgen. Gleiches gilt zur Vermeidung von Widersprüchen durch Fassungen in unterschiedlichen Sprachen. Dies liegt einmal am unterschiedlichen Wortschatz und in vielen Fällen auch an einem unterschiedlichen Rechtssystem. Hier empfiehlt sich ebenfalls, die Amtssprache(n) als rechtsverbindlich gültige Fassung und die Übersetzungen in Nicht-Amtssprachen als hilfreiche, jedoch nicht verbindliche Ergänzungen zu gestalten. Nach wie vor geniesst die geschriebene Sprache ein besonderes Vertrauen gegenüber dem gesprochenen Wort, da die Schriftform beständiger ist. Dies sollte beim Experimentieren mit anderen Darstellungsformen beachtet werden. Ebenso kann ein konkreter Hinweis auf ein geschriebenes Regelwerk auch diskussionsverkürzend wirken. Als publiziertes und einsehbares Dokument sind die Regelungen vorhersehbar und geniessen damit tendenziell ein höheres Vertrauen als eine rein nachträgliche Entscheidung, da ein vorheriges Sich-Darauf Einstellen beziehungsweise Reaktionen möglich sind. Eng mit der oben genannten Verständlichkeit verbunden ist die Nachvollziehbarkeit von Regelungen. Nachvollziehbare Regelungen werden eher akzeptiert und eingehalten, als solche, die willkürlich erscheinen. Letztere können nur durch einen höheren Sanktionsdruck durchgesetzt werden. Nachvollziehbar sind Regelungen dann, wenn sich ihr Zweck ohne Schwierigkeiten erschliessen lässt. Gegebenenfalls kann durch einen kurzen Hinweis die Nachvollziehbarkeit erhöht werden. Beispiel: „Aus Gründen des Schutzes der Medien und der Sitzarbeitsplätze ist das Essen innerhalb des Nutzungsbereiches nicht gestattet.“
Eine besondere Art der Gestaltung ist die Einsetzung von Verweisungen. Verweisungen können sowohl innerhalb des Regelwerks als auch durch Bezugnahmen auf aussenstehende Texte, zum Beispiel Gesetze, erfolgen. Ziel einer Verweisung ist das Aufnehmen eines Textes durch eine Bezugnahme an einer weiteren Stelle. Damit wird das Kopieren dieser Textstelle erspart. Der Vorteil besteht in der Beschränkung des Umfangs des Textes, welcher durch die sprachliche Wiederholung ansonsten anwachsen würde. Ein Umstand, der beispielsweise bei Vertragstexten, bei denen ein Teil geheim und ein Teil für die Allgemeinheit bestimmt ist, in Kauf zu nehmen ist. Beispiel: Nutzungsvertrag über eine bestimmte Datenbank. Hier sind die Nutzungsbedingungen öffentlich. Hingegen kann der Abschnitt der Preisgestaltung vertraulich sein. Nachteilig ist hingegen die durch die Verweisung bedingte Notwendigkeit, über mehrere Texte gleichzeitig zu verfügen. Erfolgt die Verweisung innerhalb eines Regelwerks, so sollte, wann immer möglich, von oben nach unten verwiesen werden. Denn hier ist die besagte Textstelle bereits bekannt, wenn auf sie nochmals Bezug genommen wird. Die Verweisung kennt die Möglichkeiten einer statischen und einer dynamischen Variante. Bei der statischen Verweisung erfolgt die Bezugnahme auf den bei der Erstellung des Regelwerks festgelegten Text in der damaligen Fassung. Ist die Verweisung hingegen dynamisch, so kann sie sich auch auf verändernde Fassungen des Textes beziehen. Häufig wird auf die aktuelle Fassung des aufgenommenen Textes verwiesen. Hierdurch wird ein Zeitverlust durch ein Umschreiben der bisherigen Passage des Textes vermieden, selbst wenn die Bibliotheksleitung die Novellierung nicht mitbekommen hat. Allerdings liegt hierin auch die Gefahr, dass durch diese Türe Regelungen mit aufgenommen werden, die so gar nicht gewünscht waren, oder Lücken entstehen, oder die eigenen Regelungen in einen Widerspruch zu den anderen Regelungen geraten, auf die die eigenen Regeln verweisen. Daher ist bei der Wahl einer dynamischen Verweisung eine stetige Kontrolle der Texte, auf die verwiesen wird, erforderlich. Eine entsprechende Kontrolle ist ebenfalls bei der statischen Verweisung vorzunehmen. Hier besteht das Risiko, dass sich die eigene Regelung auf einen veralteten und damit gegebenenfalls ungültigen Rechtsstand bezieht.
Mit den Verweisungen verwandt ist die Verwendung von Definitionen. Diese legen fest, wie bestimmte Begriffe zu gebrauchen sind. Die Verweisung erfolgt implizit durch die Nennung des jeweiligen Begriffs. Aus diesem Grunde sind Definitionen häufig am Anfang eines Regelwerks zu finden. Ein Beispiel für Definitionen ist die Festlegung, wer zum Kreis einer bestimmten Nutzungsgruppe wie externe Nutzer gehört und welche Rechte und Pflichten diese Gruppe treffen.
Bedingt durch die Knappheit der Ressourcen der Bibliothek kann eine Verteilung beziehungsweise Zuteilung bezüglich einzelner Medienbände, Stillarbeitsplätzen et cetera erforderlich sein. Damit stellt sich die Aufgabe, wie eine angemessene, interessengerechte Verteilung erfolgen kann. Ausgehend vom allgemeinen Gleichheitsgrundsatz sind die verschiedenen Interessen der Beteiligten einzustellen. Diese können sich beispielsweise aus der Zweckbindung der Einrichtung wie Hochschule, Stadtbibliothek et cetera ergeben. Soll beispielsweise eine städtische Einrichtung vor allem den Bürgern einer Stadt zu Gute kommen, kann sich hierdurch beispielsweise eine Beschränkung der Entleihbarkeit auf die Bürger begründen. Eine solche Gruppenbildung mit unterschiedlichen Rechten entspricht auch dem Gleichheitsgebot. Dieses besagt, dass Gleiches gleich, Ungleiches jedoch ungleich zu behandeln ist. Der Gleichheitssatz ermöglicht damit gerechtfertigte Unterscheidungen und fordert sie sogar. (Juraschko, 2020, 9.10)
Daher ist eine Einteilung in Benutzergruppen objektiv in einer nicht herabsetzenden Art und Weise vorzunehmen. Ferner hat die Einteilung sachbezogen zu sein. Dies sind vor allem juristische und entwicklungspsychologische Gründe. Hierzu gehört die Einhaltung der Bestimmungen des Jugendschutzes, welche beispielsweise den Zugang zu bestimmten Medien beschränken kann. (Müller, 2009, S. 11) Ebenso ist zu beachten, dass Willenserklärungen wie die Mitgliedschaft in einer Bibliothek bei beschränkt Geschäftsfähigen noch der Zustimmung der Erziehungsberechtigten bedarf (Deutschland: § 107 BGB; Schweiz Art. 19 Abs. 1 ZGB). Sofern verschiedene Gruppen gebildet wurden, gelten innerhalb derselben für alle die gleichen Regeln. So darf beispielsweise die Frage nach einem Einschreiten des Aufsichtsbibliothekars wegen einer Ruhestörung durch ein Smartphon im Lesesaal nicht von seinem Musikgeschmack abhängen. Bei der Frage, wie diese gleichen Regeln im Einzelnen aussehen, besteht ein Gestaltungsspielraum. Üblich ist hier eine Mischung zwischen Bestandsschutz (zum Beispiel sichere Leihfrist ohne vorherige Rückgabeverpflichtung) und Windhundprinzip (Wer zuerst kommt, mahlt zuerst). Gestaltungselemente sind beispielsweise Entleihbarkeit, Dauer einer Entleihbarkeit, Vormerkbarkeit. Ebenso gilt eine Differenzierung auf dem einschlägigen Gebiet und ist nicht als Überkompensation zu verstehen, da dies eine neue nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung erzeugt. Beispiel: Auf Grund des häufig geringeren Einkommens kann eine ermässigte Jahresgebühr für Senioren gerechtfertigt sein. Wegen der bestehenden Ordnungsfunktion wäre eine Ermässigung von Mahnentgelten für Senioren jedoch eine Überkompensation. Ein Indiz für eine gerechtfertigte Unterscheidung ist, dass die Einteilung der Gruppen vorhersehbar und ein Wechsel in eine andere Gruppe generell möglich oder vorgesehen ist, zum Beispiel durch Zuzug in die Stadt, Erreichen der Volljährigkeit oder durch Erlangung des Status ‚Angehöriger der Hochschule‘, ‚Mitglied im Förderverein der Bibliothek‘. Für die Frage nach einer Gleichbehandlung ergibt sich folgendes Prüfungsschema (Juraschko, 2020, 9.10):
Feststellung der Gleich- bzw. Ungleichbehandlung
a. Feststellung der Merkmale der betroffenen Gruppe
b. Suchen nach Vergleichsgruppen
Vorliegen eines sachlichen Grundes für die aktuell bestehende Gleich- beziehungsweise Ungleichbehandlung.
Juristische Regelwerke sind nicht als zusammenhängender Prosatext geschrieben, sondern modulhaft aufgebaut. Dabei lassen sich verschiedene Modularten unterscheiden:
In den Anspruchsnormen wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen verbindlich eine bestimmte Rechtsfolge eintritt und wer dies einfordern kann. Ein Beispiel hierfür sind die Zulassungsvorschriften für neue Bibliotheksnutzer. Eine Ermächtigungsgrundlage bildet die Basis für rechtmässiges staatliches Handeln. Sie gehört daher zum Öffentlichen Recht und ist nur Bestandteil bei öffentlich-rechtlichen Regelwerken. Als Gegenstück zu den Anspruchsnormen ist die Ermächtigungsgrundlage ebenfalls auf das Setzen einer Rechtsfolge gerichtet, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Bei Begriffen, bei denen dem Verfasser ein einheitliches Verständnis besonders wichtig ist, können Definitionen aufgenommen werden. Die Rechtssprache entlehnt viele Wörter aus dem Alltag und gibt ihnen eine eigenständige und festgelegte Bedeutung. Durch diese Form der juristischen Sprachverwendung kann es im Gebrauch bei Nichtjuristen schnell zu Missverständnissen kommen. Die juristische Differenzierung für Besitz und Eigentum ist hierfür paradigmatisch. Eine Anreicherung erfolgt gelegentlich über Beispiele. Meistens gilt dies für die Anreicherung von Begriffen oder für häufig vorkommende Konstellationen. Soweit es für das Verständnis erforderlich ist, können auch Feststellungen beziehungsweise Beschreibungen verwendet werden. Bei diesen Formulierungen geht es um die Darstellung eines Zustandes oder einer Handlung, ohne dass eine Rechtsfolge gesetzt wird. Ansonsten sind juristische Regelwerke, soweit sinnvoll, sprachlich möglichst kurzgehalten. Weitergehende Hinweise, Ausführungen und Absichten können sich hingegen aus der Präambel und aus Anlagen beziehungsweise den dokumentierten Entstehungsmaterialien des Regelwerks ergeben. In der Präambel werden häufig die übergeordneten Ziele des Regelwerks als Kernsätze zusammengefasst. Mit diesen Leitgedanken bietet die Präambel eine Auslegungshilfe an. Auch wenn eine Präambel nicht unbedingt erforderlich ist, wird sie häufig als Gestaltungselement verwendet. Anlagen zum eigentlichen Regelungswerk werden bei Themen mit einem hohen Detaillierungsgrad verwendet. Denn diese Detaildichte würde den Haupttext des Werks erheblich ausdehnen und damit unübersichtlicher werden lassen. Zudem sind gewünschte Änderungen häufiger politisch einfacher durchzusetzen, wenn Änderungen in einer gesonderten Anlage statt im Haupttext erfolgen. Für Festlegungen, bei denen häufige Änderungen absehbar sind und für die keine Rechtsfolge vorgesehen ist, sollte auf eine Aufnahme in die Benutzungsordnung abgesehen werden. Stattdessen kann in der Benutzungsordnung auf solche Festlegungen allgemein Bezug genommen werden. Beispiel: „Die Öffnungszeiten werden über einen Aushang an der Eingangstüre und auf der Homepage bekanntgeben.“ Statt: „Die Öffnungszeiten der Bibliothek sind Mo – Fr von 9 – 18 Uhr.“
Die erste und wichtigste Voraussetzung, dass ein Regelwerk von den Betroffenen akzeptiert und eingehalten wird, ist seine Glaubwürdigkeit. Diese beginnt damit, dass die Regelungen keine Widersprüche in sich enthalten. Widersprüche verkehren den Zweck eines Regelwerks, Ordnung zu schaffen, ins Gegenteil. So sind Regel und Ausnahme klar zu kennzeichnen und abzugrenzen. Ähnliches gilt für die Notwendigkeit, Wirkungskreise von konkurrierenden Regelungen abzugrenzen. Soweit Differenzierungen vorgenommen werden, wird für die Glaubwürdigkeit der Differenzierung eine nachvollziehbare und akzeptable Erklärung erwartet. Ein anderes Element, welches das Vertrauen in das Regelwerk erhöht, sind Transparenz, klare Formulierungen, der Einbau von angemessenen Kontrollen, datenschutzkonforme Offenlegung der Ergebnisse von Befragungen sowie die Nachprüfbarkeit von Aussagen und Nennung der Quellen. Ein weiterer zentraler Baustein ist der praktizierte Respekt der Bibliotheksmitarbeiter gegenüber dem eigenen Regelwerk. Denn wer zum Beispiel als Lesesaalaufsicht die Einhaltung der Benutzungsordnung überwacht, von dem wird zuerst die Einhaltung der Bestimmungen erwartet. Dass beispielsweise die Aufsicht in der Mittagspause eine Mahlzeit einnehmen möchte, ist verständlich. Die Lieferung durch einen Service in den Lesesaal, in dem ansonsten ein strenges Essensverbot herrscht, wird ziemlich sicher auf Unverständnis stossen. Auch häufige Duldungen sind der Glaubwürdigkeit einer Einrichtung abträglich. Von einer Duldung wird gesprochen, wenn ein Verstoss gegen eine Regelung vorliegt, dieser Regelverstoss dem Bibliothekspersonal auch bekannt ist und dennoch nicht eingeschritten wird. Denn in diesen Fällen widerspricht sich die Bibliothek in ihrer Forderung und ihrem tatsächlichen Handeln. Soll das Verbot künftig nicht mehr gelten, ist es zu streichen.
Soweit es zu Verstössen gegen die Benutzungsordnung kommt, ist es Aufgabe des Bibliothekspersonals dagegen einzuschreiten. Je nach Vorkommnis kann dies von einer einfachen Ermahnung bis hin zu einer Beendigung des Benutzungsverhältnisses reichen. Für solche Fälle werden in Benutzungsordnungen regelmässig Sanktionsmechanismen vorgesehen. Sanktionsregelungen und deren Anwendung haben dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu genügen. Der Verhältnismässigkeitsgrundsatz gehört als ungeschriebener Bestandteil zum Rechtsstaatsprinzip. So soll der Staat bei Bedarf Massnahmen ergreifen, jedoch bei diesen nicht über sein Ziel hinausschiessen. Daher wird der Grundsatz der Verhältnismässigkeit auch Übermassverbot genannt. Der Verhältnismässigkeitsgrundsatz wirkt zwischen Staat und Bürger und ist nicht an eine bestimmte Form der Massnahme gebunden. Zur Erleichterung der Prüfung wurde ein vierstufiges Prüfungsverfahren entwickelt. Die erste Stufe ist die Frage nach einem legitimen Zweck der Massnahme. In Betracht kommen hier zum Beispiel Schutzpflichten in Bezug auf den Medienbestand, die Einrichtung oder gegenüber dem Personal und den Kunden. Ferner hat das Mittel geeignet zu sein. Geeignet ist ein Mittel, wenn damit der Zweck erreicht oder wenigstens gefördert wird. Abgestellt wird hier auf den Zeitpunkt des Erlasses der Massnahme. Daher ist die Geeignetheit erfüllt, wenn der damit verfolgte Zweck erreicht oder wenigstens gefördert werden kann. So sind zum Beispiel Mahnentgelte oder Ausleihsperren geeignete Mittel, um durch wirtschaftlichen Druck beziehungsweise Vorenthaltung weiterer Ausleihen die künftige Einhaltung der Leihfristen zu bewirken. Drittens hat das Mittel erforderlich zu sein. Das Mittel ist dann erforderlich, wenn es keine mildere Massnahme gibt, die denselben Erfolg mit gleicher Sicherheit erreicht. An dieser Stelle sind mögliche Alternativen zu prüfen. Schliesslich hat die Massnahme angemessen zu sein. Sie ist angemessen, wenn der beabsichtigte Zweck nicht ausser Verhältnis zur Schwere des Eingriffs steht. An dieser Stelle erfolgt somit eine Gewichtung der betroffenen Rechtsgüter sowie des Eingriffs. Beispielsweise ist die Verhängung eines sofortigen Betretungsverbots des Lesesaals bei der ersten Ruhestörung nicht angemessen, um auf diese zu reagieren.
Durch Veränderung der Umstände, die zu einer Regelung geführt haben, als auch durch Änderung der Auffassung kann das Bedürfnis nach einer Abänderung entstehen. Andererseits bedürfen Regelungen einer gewissen Kontinuität, um als solche wahrgenommen zu werden und sich damit von tagespolitischen Aussagen abzugrenzen. Ob das Regelwerk eher veränderungsfreudig oder mehr mit Augenmerk auf Kontinuität ausgestattet werden soll, kann für das gesamte Regelwerk oder selbstständig für einzelne Regelungen während der Entstehung des Regelwerks gestaltet werden.
Die Bedeutung von Regelungen kann durch die Gestaltung von Abänderungsmöglichkeiten erhöht werden. So werden Normen, die als besonders erhaltenswert angesehen werden, mit einem Verfahrensschutz bedacht. Hierzu können Zustimmungserfordernisse von anderen Organen beziehungsweise Gremien zu einer beabsichtigten Änderung gehören. Eine weitere Möglichkeit sind definierte Mindestquoten einer Zustimmung bei Gremien mit mehreren abstimmungsberechtigten Mitgliedern. Ebenso können durch einzuhaltende Mindest- oder Höchstfristen Abänderungen erschwert werden.
Gegenteilig stehen Erleichterungen im Verfahren für mehr Flexibilität. Dazu gehören zum Beispiel die Entscheidungsmöglichkeit durch einen kleineren Teil des Gremiums unter bestimmten Umständen, so etwa Eilentscheidungen. Auch die Möglichkeit, zunächst übersprungene, jedoch generell erforderlichen Verfahrensschritten nachholen zu können, begünstigt ein flexibles Handeln.
Wie jeder Urheber eines Sprachwerks, so hat auch jeder Schöpfer eines Regelungswerks seinen eigenen Stil. Darüber hinaus gilt die Verwendung eines streng sachlichen Sprachstils als üblich. Besonders öffentlich-rechtliche Einrichtungen sind an eine politische Neutralität gebunden. Über diese Einschränkung hinaus besteht ein Gestaltungsspielraum. Dies gilt beispielsweise für die Entscheidung, ob ein Regelwerk eher strikt oder liberal ausgestaltet werden soll. Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Fragen sollten Faktoren wie Benutzer, Art und Lage der Bibliothek, Vorgeschichte, eventuelle spezielle Vorkommnisse berücksichtigt werden.
Bei der Frage, wie detailliert eine Regelung erfolgen soll, gibt es kein festes Mass. Die Regelung selbst sollte den Kernbereich des behandelnden Themas möglichst vollständig erfassen und eine sachgerechte Lösung anbieten. Themen, die für die Einrichtung von besonderer Bedeutung sind sowie Bereiche, bei denen ein hoher Schaden eintreten kann, haben häufig eine hohe Regelungsdichte. Neben den Themenbereichen, die einer Regelung bedürfen, besteht ein Freiraum für Normen, die nützlich, jedoch nicht essentiell erforderlich sind. Dabei kann es sich um Normen handeln, die essentielle Regelungen ergänzen und näher erläutern oder um komplett eigene Regelungskomplexe. Wie ausführlich dies erfolgt, ist dem Stil des Regelungsgebers überlassen.
Es gibt zahlreiche Beispiele, Muster und Vorlagen für Regelungen in Bibliotheken. Auch hier gilt, dass sie den Zweck haben, zu vermeiden, dass das Rad nicht jeden Tag aufs Neue erfunden werden muss, gleichwohl sollte es auf die vorgesehene Achse passen. Die Unterschiede können vielseitig sein. Bedingt durch verschiedene Rechtsgrundlagen für das jeweilige Regelwerk können unterschiedlich viele Befugnisse auf die Ausgestaltung der Bibliothek übertragen werden. Die einzelnen Bibliotheken unterscheiden sich durch ihren Bestand, Nutzerstruktur und Ausstattung. Dass eine Bibliothek, die keine Handschriftensammlung hat, keiner Regelung über den Umgang mit Handschriften bedarf, klingt selbstverständlich. Es gibt jedoch auch viele Beispiele, die nicht so offensichtlich zu Tage treten. Daher sollten Muster und Vorlagen aus anderen Bibliotheken nicht unkritisch übernommen werden, auch wenn sich diese an den anderen Orten bewährt haben. Dies gilt auch für einzelne, wohlklingende Formulierungen. Entscheidend ist, ob mit der vorgestellten Regelung der konkrete Sachverhalt passgenau erfasst wird. Daher sollten die Umstände, unter denen die Vorlage oder das Beispiel entstanden sind, Beachtung finden. Als Checkliste und Ideengeber können Muster eine angenehme Arbeitserleichterung sein.
Checkliste für den typischen Regelungsinhalt einer Benutzungsordnung (Juraschko, 2020, 3.2):
Rechtliche Grundlagen und Legitimation der Benutzungsordnung
Rechtscharakter des Benutzungsverhältnisses
Aufgaben der Informationseinrichtung
Benutzerkreis
Zulassungsbedingungen zur Bibliotheksbenutzung
Rechte und Pflichten der Benutzer
Befugnisse des Bibliothekspersonals
Haftung der Nutzer
Entgelte und Gebühren
Inkrafttreten, gegebenenfalls Übergangsregelungen
Sowohl als Auslegungshilfe als auch bei einer Novellierung ist eine ordentliche Dokumentation des Regelwerks hilfreich. Diese umfasst sowohl die bisher gültigen Fassungen des Regelwerks als auch sonstige Dokumente der Entstehung, zum Beispiel Entwürfe mit Anmerkungen, Hinweise auf administrative oder rechtliche Vorgaben, erfolgte Evaluationen einer bestimmten Regelung et cetera. Damit kann das Überdenken einer bisherigen Position bei geplanten Änderungen durch schnelle Verfügbarkeit von Argumenten erleichtert werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit genügt eine Dokumentation jener Dokumente, welche entscheidende Elemente enthalten.
Werden auf Grundlage der Benutzerordnung beziehungsweise eines sonstigen bibliothekarischen Regelwerks Nutzerdaten erfasst, so sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu wahren. Dabei sind insbesondere die Aufklärungspflichten über die Erfassung und die Widerspruchsmöglichkeiten zu beachten. Die Rechtfertigung der Datenverarbeitung ergibt sich für Staaten der EU aus Art. 6 Abs. 1 EU-DSGVO.